Wenn wir eine Familie gründen, stehen wir vor der Frage: Wie will ich mein Kind erziehen? Und vielleicht fragen sich die Eltern auch gemeinsam: Wie wollen wir unsere Kinder erziehen?
Doch diese Frage stellen wir uns nur selten in dieser Deutlichkeit. Viele Eltern erziehen einfach mal drauf los. Schließlich haben alle als Kind und Jugendliche Erziehung in irgendeiner Form erfahren. Und die machen sie nun irgendwie nach, wandeln sie mehr oder weniger ab oder wollen es genau so nicht machen, weil sie vielleicht darunter gelitten haben.
Die meistens Eltern haben dabei irgendwie auch ein Ziel vor Augen:
Sie wollen, dass es den Kindern irgendwie gut geht, dass die Kinder eine glückliche und unbeschwerte Kindheit haben, dass sie selbst auch glücklich sind und auch immer wieder ihre Ruhe haben, dass andere sie als "gute Eltern" betrachten und so weiter und so fort. So schwer wird das schon nicht. Es wird schon irgendwie klappen.
Eltern und Kindern sei es gewünscht!
Manchmal läuft es dann aber mit der Erziehung nicht so gut, wie man sich das vielleicht gewünscht hat. Schwierigkeiten treten auf, weil die Kinder nicht einfach mitmachen, Eltern sich nicht einig sind und in Streit geraten oder man selber an seine Grenzen stößt.
Dann ist es hilfreich, sich ein wenig Klarheit zu verschaffen:
Wie versuche ich eigentlich meine Kinder zu erziehen? Wie versucht mein Partner das? Was funktioniert gut und was nicht? Was sind meine Ziele? Wer hat eigentlich das Sagen? Welche Rolle spielen Macht, Kampf und Gewalt?
Es lassen sich unterschiedliche Erziehungsstile unterscheiden, die jedoch nur selten in Reinform praktiziert werden. Manche dieser Erziehungsstile gründen auf falschen Voraussetzung oder problematischen Annahmen. Entsprechend gut oder nicht gut funktionieren sie.
Schauen wir uns kurz an, was bei den geläufigen Erziehungsstilen problematisch ist:
Ein partnerschaftlicher oder gleichberechtigter Erziehungsstil verkennt, dass Kinder keine gleichberechtigten und gleichverantwortlichen Partner sein können und dass Eltern tatsächlich die Macht haben. Diese Macht gilt es anzuerkennen und verantwortungsvoll auszuüben.
Ein demokratischer Erziehungsstill ist sicher gut gemeint, zumal dies auch unserer Gesellschaftsordnung, in der unsere Kinder aufwachsen, zu entsprechend scheint. Sicherlich kann auch über das Ausflugsziel am Wochenende demokratisch abgestimmt werden. Die Fragen aber, wie lange Kinder abends draußen bleiben können oder wie viel Taschengeld sie bekommen, erfordert jedoch eine verantwortungsvolle Entscheidung der Erwachsenen.
Während Gesellschaftsordnungen in erster Linie für Erwachsene konzipiert sind, sind Familien für Kinder da, die noch nicht erwachsen sind.
Ein autoritärer Erziehungsstil ist eine unverantwortliche Machtausübung, da sie das Kind nicht mit seinen Bedürfnissen und Interessen sieht und ernst nimmt, sondern es unterdrückt. Vielleicht wird damit der Wille des Kindes oder des Heranwachsenden für den Moment erfolgreich gebrochen. Passiert dies jedoch zu oft, steht am Ende ein willfähriger Mensch vor uns. Doch vielleicht wird der Heranwachsende aber auch eines Tages heftig gegen das Erlebte rebellieren.
Eine gute Beziehung bleibt beim autoritären Erziehungsstil meistens auf der Strecke.
Ein antiautoritärer Erziehungsstil ist zunächst einmal die verständliche Entscheidung gegen autoritäres Verhalten. Die Gefahr dabei ist jedoch, dass Kindern die notwendige Orientierung drüber, was von den Eltern als gut und richtig erkannt wurde, und das damit verbundene Gefühl der Sicherheit nicht gegeben wird. Kindern wird damit meist zu früh zu viel Verantwortung für ihr Erwachsenwerden übergeben, eine Verantwortung, die sie gar nicht meistern können.
Besonders schwierig wird es für Kinder, wenn die verschiedenen Stile miteinander kombiniert werden, ohne dass klar und abschätzbar ist, wann was gilt. Kinder können sich dann nicht darauf einstellen, wie in Familien miteinander umgegangen wird. Sie werden verunsichert und in ihrem eigenen Verhalten unklar. Das führt unweigerlich zu Konflikten.
Was bleibt da als gute Alternative?
Mein Vorschlag ist ein gleichwürdiger Erziehungsstil.
Gleichwürdigkeit nimmt einerseits die elterliche Verantwortung und Macht ernst und sieht anderseits das Kind mit seinem grundsätzlichen Recht, eigene Bedürfnisse nicht nur zu haben, sondern diese auch leben zu können und darin unterstützt zu werden. Dies ist eine ständige Suche nach Balance und kein Rezeptblock.
Literaturtipps:
Michaeleen Doucleff, Kindern mehr zutrauen. Erziehungsgeheimnisse indigener Kulturen, 2021
Laurence Steinberg, Age of Opportunity. Lessons from the new Science of Adolescence, 2015
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