20. April 2018

Gleichwürdigkeit in der Familie


Wie gehen wir in der Familie miteinander um?

Die Antwort auf diese Frage ist nicht unwichtig, denn sie hat direkten Einfluss auf das Klima in der Familie .

Mein Vorschlag lautet: 

Gehen Sie gleichwürdig miteinander um.

Gleichwürdigkeit ist keine Methode, sondern eine Haltung, die Sie in der Familie dem Anderen gegenüber einnehmen, egal ob dass das Kind, der Jugendliche oder Ihr Partner ist. 
Gleichwürdigkeit beginnt in der Familie immer bei den Erwachsenen und kann Schritt für Schritt auch die Haltung der Kinder werde

Gleichwürdigkeit in der Familie hat vier Aspekte:

1. Ich nehme die spontanen Lebensäußerungen, Wünsche und Bedürfnisse meines Kindes genauso ernst wie meine eigenen. 

"Ich sehe dich, ich höre, was du willst, und ich glaube dir, dass dir das im Moment wichtig ist." Diese Haltung entspricht einem fundamentalen Bedürfnis eines jeden Menschen: Jeder Mensch möchte gesehen, gehört und ernst genommen werden. 
Genau dann fühlt er sich sicher und wohl.

2. Ich unterstütze mein Kind darin, Selbstgefühl und Verantwortung für sich zu entwickeln.
Kinder können, indem ihre Lebensäußerungen, ihre Wünsche und Bedürfnisse anerkannt, das heißt gesehen, gehört und ernst genommen werden, ein Selbstgefühl entwickeln: Sie können aus all den erlaubten Facetten ihres Soseins eine Antwort auf die Frage, wer sie sind, finden und ein Selbstgefühl entwickeln. Und sie können lernen, Verantwortung für das entdeckte Selbst und das dazu gehörende eigene Handeln zu übernehmen. 

3. Ich respektiere mein Kind als eine eigenständige Person, als ein "Selbst" mit eigener Würde. 
Ich lasse meinem Kind Raum dafür, dass es seine Vorstellungen und Werte darstellen und so weit es geht auch leben kann. Ich mache mich nicht lustig darüber, ich werte Dinge und Ideen, die ihm wichtig sind, nicht ab. Ich versuche zu verstehen und stehe dem Anderen so wenig wie möglich im Wege, sein Leben auf seine Weise zu leben.

4. Ich unterstütze mein Kind darin, eigene Integrität zu erleben und soziale Verantwortung zu übernehmen.
Wenn das Kind seine Werte und Bedürfnisse mit seinen Handlungsmöglichkeiten in Übereinstimmung bringen kann, dann erlebt er Integrität. Gleichzeitig kann es lernen, Verantwortung für seine sozialen Beziehungen zu übernehmen. Wieviel Selbst-sein und gleichzeitig in Kontakt bleiben ist möglich?

Dies ist natürlich ein Lernprozess, der über mehrere Jahre immer wieder die Unterstützung der Eltern braucht.
Kinder wissen zunächst oft eher, wozu sie gerade Lust haben, aber nicht immer, was ihre wirklichen Bedürfnisse sind. Nicht alles, was das Kind will, lässt auch genug Raum für die Bedürfnisse der Eltern. Nicht alles, was das Kind will, ist zu jeder Zeit sinnvoll. Unterschiedliche Interessen treffen hier immer wieder aufeinander und dies führt zu Konflikten. 
Eltern und Erziehungsberechtigte haben die Verantwortung Kinder in die Erwachsenenwelt mit ihren familiären, sozialen und kulturellen Werten einzuführen. Die Erwachsenen dürfen den möglicherweise daraus entstehenden Konflikten nicht aus dem Weg gehen. Sie haben die Macht für Entscheidungen und sie sind dafür verantwortlich, diese Macht verantwortungsvoll zu nutzen; 
Damit Gleichwürdigkeit in einer Familie gelingt, müssen sich alle darin üben. Die gleichwürdige Familie ist kein Zustand, sondern ein Prozess, der mal besser und mal weniger gut gelingt.

Und auch wenn es nicht immer einfach ist, gleichwürdig und verantwortungsvoll zu agieren, so lohnt sich diese Mühe vom Ergebnis her betrachtet auf jeden Fall:
Das Kind wird ein stabiles Selbstgefühl entwickeln, seine Motivationen, Wünsche und Bedürfnisse kennen lernen - genauso wie die anderer Menschen. 
Es wird lernen, sich mit anderen über die Verwirklichung seiner Interessen und Bedürfnisse zu verständigen und die der anderen Menschen dabei zu berücksichtigen.  
Das Kind wird für sich und die soziale Gemeinschaft Verantwortung übernehmen können.
Und es wird ohne große seelische Verletzungen zu einem mental gesunden Erwachsenen heranwachsen.


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